Im Gegensatz zu den Plattwürmern besitzt der Stamm der SCHLAUCHWUERMER ( Aschelminthes oder Nemathelminthes ) kein Merkmal, das alle seine sechs Klassen vereint und sie gegen das übrige Tierreich abgrenzt.
Auch eine eindeutige Verwandtschaft zu anderen Tierstämmen ist schwer erkennbar. Zu ihnen die Bauchhaarlinge (Gastrotricha ), die Rädertiere (Rotatoria), die Fadenwürmer (Nematoda), die Saitenwürmer (Nematomorpha) sowie die Hakenrüssler (Kinorhyncha) und die Kratzer (Acanthocephala). Den Schlauchwürmern gemeinsam ist eine mehr oder weniger geräumige Leibeshöhle, die aber im Gegensatz zur echten Leibeshöhle nicht von Wandzellen ausgekleidet ist und daher nur Lückenräume zwischen Haut- und Darmblatt darstellt. Alle Schlauchwürmer besitzen auch ein von den Hautzellen gebildetes Oberhäutchen (Cuticula); man trifft es aber auch in anderen Tiergruppen an.
Die Bauchhaarlinge sind langgestreckt abgeflacht und selbst nahezu farblos, erscheinen jedoch durch den Darminhalt oft farbig. Die Körperoberfläche ist von einer Cuticula bedeckt, die in verschiedenster Weise zu Platten, Borsten oder Stacheln ausgestaltet sein kann. Auf der Bauchseite befinden sich Wimperbänder, mit deren Hilfe die Tiere am Grund umhergleiten. Bei einigen Arten sind die Wimpergruppen zu stärkeren Borsten verklebt; solche Formen laufen wie auf Füsschen. Die Bewimperung ist bei vielen Arten am Kopf sehr lang und ermöglicht ein kurzes Schwimmen. Fast alle Bauchhaarlinge besitzen Haftdrüsen die eine klebrige Flüssigkeit absondern und den Tieren ein Blitzschnelles Festheften ermöglichen. Solche Kleb-röhrchen können in sehr grosser Zahl (bis 250) entwickelt sein; sie sitzen an der Körperunterseite, am Kopf und besonders auch an zwei stachelartigen, oft als \"Zehen\" bezeichneten Fortsätzen am Körperende. Die Bauchhaarlinge nähren sich von Kleinstlebewesen und von organischen Zerfallsstoffen. Der Mund liegt am vorderen Ende des Körpers. Der unbewimperte Darm verläuft gerade bis zum After, der am hinteren Körperende liegt, aber auch etwas Bauchwärts oder rückenwärts verschoben sein kann. Das Nervensystem besteht aus einem paarigen Bauchstrang und einer Anschwellung am Schlund. Als Tastsinnesorgane dienen Tasthaare, Wimperbüschel und Sinnesgruben an den Kopfseiten. Ein einheitlicher Muskelschlauch ist nicht ausgebildet, sondern in einzelne längs- und ringförmig verlaufende Muskelzüge aufgegliedert.
Die Rädertierchen: Selbst für jemanden, der kein sonderlicher Naturfreund ist, gibt es kaum etwas Faszinierenderes, als den Blick durch das Mikroskop auf einen Tropfen Wasser, in dem umherkriechen und -schwimmen, ihre Beute heranstrudeln und fressen. Sie kommen überall vor, wo es Feuchtes gibt. Verschiedene Formen dieser Tierklasse erstaunen uns: wurmförmige und kugelige, sack-, walzen- oder becherförmige, oft aber auch abgeflachte, darunter nicht wenige mit einem Umriss, der an ein Wappenschild erinnert. Sehr imposant ist, dass man ihren inneren Bau und das Arbeiten der Organe durch die Körperhülle hindurch genau sehen kann . Drei Körperabschnitte kann man unterscheiden: den Kopf, den Rumpf mit den Eingeweiden und einen schmalen, beweglichen Fuss mit Klebdrüsen an 2 "Zehen" oder an einer Heftscheibe. Am Kopf scheint sich ununterbrochen ein Rad zu drehen. Dieser Eindruck entsteht dadurch, dass hier 2 ständig bewegte Wimperzonen sitzen. Beide Zonen können aufs Unterschiedlichste gestaltet sein, so dass es zu einer ausserordentlichen Mannigfaltigkeit des Räderorgans kommt, das zur Fortbewegung und zum Heranstrudeln der Nahrung dient. Im Körper des Rädertieres fällt vor allem der Kaumagen (Mastax) auf, der innen mit den harten und spitzen "Kauern" besetzt ist. Sie zerkleinern die Nahrung, können aber bei manchen Arten zum Ergreifen der Beute weit hervorgestülpt werden. Auf den Kaumagen folgt ein dickwandiger Magen, ein Darm und schliesslich die sich in den After öffnende Kloake. Der After liegt am Rücken des Rumpfes. Das Nervensystem ist recht hoch entwickelt. Als Sinnesorgane finden wir Tastzellen und Wimpergrübchen im Gebiet des Räderorgans sowie auf aus Borsten bestehenden Tastern an Rücken Seiten und Fuss. Die kleinsten Rädertierchen messen 0,4 mm.
Zu den häufigsten mehrzelligen Tieren gehören die Fadenwürmer, die wegen ihrer schlängeln¬den Bewegung auch Älchen genannt werden. Sie sind meist fadenförmig langgestreckt und im Querschnitt drehrund. Im Hautmuskelschlauch befinden sich nur Längsmuskeln, wobei jede Muskelzelle einen eigenen Fortsatz hat, der mit dem Nervenstrang verbunden ist. Eine einzelne Zelle kann erstaunlich gross werden, beim Spulwurm bis zu einem Zentimeter. Der kleinste Fadenwurm ist der Pflanzenschmarotzer SPHAERONEMA MINUTISSIMUM (0,1 mm), die grössten sind mit 8,4 m PLANCENTONEMA GIGANTISSIMUM, ein Schmarotzer im Mutter¬kuchen des Pottwals, und der bis meterlange Medinawurm. Der Körperdurchmesser beträgt bei den allermeisten nur ein Dreissigstel bis Dreihundertstel der Körperlänge. Die Körperhülle ist ein sogenannter Hautmuskelschlauch, der aus einer Cuticula, einer Hautzellschicht (Epidermis oder Hypodermis) und der Muskelzellschicht besteht. Die meisten Fadenwürmer sind weisslich durchscheinend. Bei einigen Arten täuscht der durchscheinende Darminhalt eine Hautfärbung vor.
Freilebende Fadenwürmer nehmen vorwiegend feste Nahrung, wie Kleinlebewesen, auf, wäh¬rend Schmarotzer in erster Linie von den Säften der ihrer tierischen oder pflanzlichen Wirte le¬ben. Der Aufbau des Verdauungssystems ist bei allen Nematoden gleich; es besteht aus Mund¬höhle, Schlund, Mitteldarmrohr und Enddarm mit After. Der Schlund ist ein einfaches Rohr mit muskulösen Wänden. Der Mitteldarm, ein dünnwandiges, gerades Rohr, entzieht der aufge¬nommenen Nahrung die Aufbaustoffe. Der kurze, muskulöse Enddarm verbindet Mitteldarm und After.
Die Saitenwürmer: Dünn wie eine Violinsaite sind die Nematomorphen und schwarzbraun oder gelbbraun wie ein Pferdehaar, 0,5 bis 1 m, ausnahmsweise bis 1,5 m lang bei 1 bis höchstens 3 mm Durchmesser. Betrachtet man den inneren Bau dieses eigentümlichen \"Haarwuchses\", so findet man eine kräftige Cuticula, ein Nervensystem mit Schlundring und Bauchstrang sowie einen teilweise reduzierten Darm . Der kleine Mund ist nicht selten zugewachsen. Kein Wun¬der, denn die Saitenwürmer, die man im Wasser findet, leben von Reservestoffen; ihre Haupt¬aufgabe ist es, sich fortzupflanzen. Mund und Darm sind bei ihm zwar noch vorhanden, aber wie schon gesagt weithin geschlossen. So ist die unechte Leibeshöhle von den Fortpflanzungs¬organen erfüllt; in die freien Räume zwischen ihnen ist reichlich lockeres Bindegewebe gelagert. Ausscheidungsorgane sind nicht vorhanden.
Die Hakenrüssler: Vor wenig mehr als einem Jahrhundert entdeckte ein begeisterter Mikroskopiker ein sonderbares Geschöpf, 1 mm lang, das keinem den ihm bekannten Tieren ähnelte. Wegen der Stacheln am Kopfende erhielt das Tier den Namen ECHINODERES DU¬JARDINI. 30 Jahre später wurde diese Form mit einigen anderen inzwischen entdeckten Tieren der Klasse Hakenrüssler zusammengefasst. Die Kinorhyncha sind mikroskopisch klein, 0,5 bis 1 mm lang. Ihr Körper ist in 13 bis 14 Ringel eingegliedert. Das rüsselartig ausstülpbare Vor¬derende-- der erste Ringel-- trägt die Haken, denen die Tiere ihren Namen verdanken. Wird der Kopf ausgestülpt, so klappen die Haken heraus. Die Hakenrüssler kriechen, indem sie sich mit Hilfe der Haken am Boden festhalten, den Körper nachziehen und das Vorderende vor¬schieben, um nun die Haken erneut einzuschlagen. Die Muskulatur und der vom Gehirn ausge¬dehnte Bauchmarkstrang sind wie die Cuticula gegliedert. Der glatte Darm ist unbewimpert, ein paar Protonephridien dienen als Ausscheidungsorgan. Zur Nahrungsaufnahme wird der mit einem Kranz von Borsten besetzte Mund kegelförmig vorgestreckt. Der Pharynx saugt dann die Nahrung ein.
Die Kratzer: Mit der etwa 400 Arten umfassenden Klasse der Kratzer oder Kratzwürmer, ha¬ben wir eine parasitisch lebende Gruppe vor uns, deren kleinste Vertreter 1,5 mm messen, während der grösste, der Riesenkratzer bis zu 47 cm lang werden kann. Der schlauch- bis wal¬zenförmige, oft äusserlich geringelte, nie jedoch innen segmentierte Körper trägt am Vorder¬ende einen mit kräftigen Widerhaken bewehrten Rüssel, der durch zusammenziehen eines ihn umgebenden Sacks, der Rüsselscheide, vorgestreckt und durch einen besonderen Muskel wie¬der zurückgezogen werden kann. Mit den Haken bohrt sich der Kratzwurm in das Gewebe sei¬nes Wirtes. Die Cuticula ist sehr dünn, oft glatt, bei manchen Arten jedoch bestachelt. Die Epi¬dermis des Halses und die Lemnisken sind das der Erwärmung dienende Organ, denn ein Mund und ein Darm fehlen. Die Sinnesorgane sind, wie nicht anders bei Parasiten zu erwarten, bis auf 3 Sinnespapillen am Rücken zurückgebildet. Der dünne Hautmuskelschlauch erlaubt nur schwache Krümmbewegungen. Der Darm ist umgewandelt in einen sogenannten Ligament¬strang und die Endteile der Geschlechtsausfuhrgänge.
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