Cuvier, Georges Dagobert Baron de Cuvier, Georges Dagobert Baron de (1769-1832), französischer vergleichender Anatom, Paläontologe und Bildungspolitiker. Cuvier stammt aus Montbéliard in Burgund (Frankreich), er wurde als Sohn emigrierter Hugenotten geboren. Während seiner Gymnasialzeit beschäftigte er sich intensiv mit Georges Buffons Naturgeschichte. 1784 studierte er Jura und Betriebswirtschaft sowie auch Naturgeschichte und vergleichende Anatomie an der Karlsakademie in der Nähe von Stuttgart. Zu dieser Zeit befasste er sich mit Insekten, mit Botanik und lernte erstmals Fossilien kennen. Nach Abschluss seiner Studien 1788 wurde er Privatlehrer bei einer französischen Familie in der Normandie.
Dort untersuchte er die Tierwelt der Küste und veröffentlichte erste Schriften. 1795 berief ihn der Naturforscher Étienne Geoffroy Saint-Hilaire als Mitglied der Gesellschaft für Naturgeschichte nach Paris; zugleich wurde er zum Professor für Naturgeschichte an die École Centrale ernannt. Wegen seiner außerordentlichen Fähigkeiten als Verwalter, seines brillanten Vorlesungsstiles, aber auch wegen seiner gewinnenden Persönlichkeit machte er sich schnell einen Namen in der französischen Wissenschaftselite und wurde 1800 Professor für höhere Wirbeltiere am Collège de France; 1802 erhielt er die Professur für vergleichende Anatomie am Nationalmuseum in Paris. Seine Aufgabe bestand zunächst in der Reorganisation der Sekundarstufe in den Schulen von Bordeaux, Nizza und Marseille. Später war er dann für die Reform des gesamten Bildungswesens in Frankreich zuständig. Er betätigte sich auch in anderen öffentlichen Ämtern; so war er 1814 im französischen Staatsrat und 1819 als Leiter der Innenabteilung des Staatsrates tätig.
Wie seine Kollegen Geoffroy Saint-Hilaire und der Naturforscher Jean-Baptiste de Lamarck glaubte auch Cuvier zunächst, dass alles Leben vom niedrigsten bis zum höchsten Lebewesen, dem Menschen, in kontinuierlicher Folge aufeinander aufbaut. Um 1800 jedoch begann er, eigene Vorstellungen von der Organisation innerhalb der Vielfalt des Lebendigen zu entwickeln. Er schlug vor, die Tierwelt aufgrund der Baupläne in vier Grundklassen einzuteilen: Vertebrata (Wirbeltiere), Articulata (Gliedertiere), Radiata (Strahlentiere) und Mollusca (Weichtiere). Zusätzlich zu dieser Systematik der Tiere stellte Cuvier drei morphologische Hypothesen auf. Nach seinem Prinzip der „Entsprechung der Teile” ist der Aufbau jedes Organs funktionell mit jedem anderen Organ verbunden. Außerdem war er der Auffassung, dass der Bauplan eines Tieres von der jeweiligen Lebensumgebung bestimmt wird und nicht umgekehrt.
Im Gegensatz zu den Vorstellungen seiner Kollegen Geoffroy Saint-Hilaire und Lamarck glaubte Cuvier an die Konstanz (Unveränderlichkeit) der Arten von Anbeginn, also nicht an eine Evolution. Als Argument dienten ihm die überaus erfolgreichen Baupläne der verschiedenen Arten sowie die Vermutung, dass immer wieder Katastrophen zahlreiche Tierarten ausrotteten. Unter Anwendung seiner vier Grundbaupläne und in Verbindung mit seinen drei morphologischen Prinzipien rekonstruierte Cuvier zahlreiche Tiere aus ihren Fossilien, die er im Pariser Becken bei Montmartre vorfand. Er stockte die Anzahl der Rekonstruktionen – die heute noch zu besichtigen sind – bis zum Jahr 1832 von anfänglich 3 000 auf über 13 000 auf und schuf die Basis einer wissenschaftlich begründeten Paläontologie. In seinem großen Werk Le règne animal distribué d’après son organisation (1817; kurz Das Tierreich genannt) legte er seine Einteilungsprinzipien dar. Es beeinflusste das Denken der Naturforscher in England und Frankreich maßgeblich, bis 1859 Charles Darwin seine revolutionären Theorien über die Evolution in seinem Werk On the Origin of Species (Über die Entstehung der Arten) veröffentlichte.
Cuvier [ky′vje|] Georges Baron von, französischer Zoologe und Paläontologe, * 23. 8. 1769 Montbéliard, † 13. 5. 1832 Paris; Kanzler der Pariser Universität; Begründer der größten anatomischen Sammlung Europas. Cuvier entwickelte ein natürliches System der Tiere.
Nach seiner Katastrophentheorie werden konstante Arten einer Erdepoche jeweils durch Katastrophen vernichtet und in einem Schöpfungsakt durch neue Arten ersetzt.
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